Bei dem Begriff „Menschen von Lidice“ denken die meisten von uns vor allem an die Lidicer Märtyrer, die im Juni 1942 von den Nazis ermordet wurden. Nur wenige Eingeweihte wissen jedoch, dass mehrere Männer aus Lidice sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg für die Unabhängigkeit und Befreiung ihrer Heimat gekämpft haben.
Bereits während des ersten Weltkriegs traten sechs von ihnen in die Reihen der Tschechoslowakischen Legion ein und kämpften für Freiheit und Unabhängigkeit. Auch während des Zweiten Weltkriegs zögerten die Männer aus Lidice nicht. Josef Horák und Josef Stříbrný nahmen als Mitglieder der britischen Royal Air Force am Kampf gegen die verhassten Nazis teil, und ein gebürtiger Lidicer, Karel Radvanovský, diente in einer tschechoslowakischen Militäreinheit im Nahen Osten und in Afrika.
In blutigen Schlachten mit mehrfacher feindlicher Übermacht kontrollierten die Legionsregimenter die gesamte sibirische Hauptkampflinie und verhinderten den Abtransport deutscher und österreichisch-ungarischer Kriegsgefangener aus Russland an die Westfront.
Der tschechoslowakische Panzerzug „Orlik“ bei einer Patrouillenfahrt auf der sibirischen Hauptlinie. Sein Kommandant, Hauptmann Václav Šára, wurde von den Nazis am 1. Oktober 1941 in der Reithalle der Ruzyně-Kaserne in Prag als Brigadegeneral hingerichtet.
Tschechische Soldaten kämpften in den Reihen der österreichisch-ungarischen Armee im Westen und im Osten. Welche Art von Soldaten waren sie? Wie wurden die tschechoslowakischen Legionen gebildet, die sich den kaiserlichen Armeen entgegenstellten? Gab es Zusammenstöße, bei denen Tschechen gegen Tschechen kämpften?
Personalausweis des Legionärs Josef Šebek aus Lidice, Mitglied der 1. Kompanie des 7. tschechoslowakischen Gewehrregiments „Tatranský“.
Typische Winterkleidung der tschechoslowakischen Legionäre.
Die Tschechoslowaken mussten in Sibirien nicht nur einem grausamen Feind widerstehen. Sie mussten dort auch die extremen klimatischen Bedingungen ertragen, wie das Foto zweier tschechoslowakischen Wachen zeigt, die bei 40 Grad Frost ihren Dienst verrichten.
Josef Šroubek (1894-1942) war Landwirt in Lidice auf dem Hof Nr. 3. Während des Ersten Weltkriegs war er Mitglied des 1. tschechoslowakischen Kavallerieregiments in Russland. „Jan Jiskra aus Brandýs“
Auch er starb am 10. Juni 1942 durch die Schüsse eines Erschießungskommandos. Weder seine Frau Marie, die in Ravensbrück ermordet wurde, noch seine Kinder Maruška und Josef, die in Chelmno vergast wurden, überlebten den Krieg.
Tausende Legionäre erlebten die Rückkehr in ihre freie Heimat nicht mehr. Sie fielen weit weg von zu Hause und ihre sterblichen Überreste lagen in einem fremden Land. Einige von ihnen fanden ihre letzte Ruhestätte in Wladiwostok. Auch in Lidice errichteten sie ein Denkmal für ihre Gefallenen. Die Inschrift verkündete den Vorbeigehenden: „Denen, die euer Glück sicherten, indem sie ihr Leben für die Freiheit ihres Heimatlandes opferten“.
Nach Jahren der Kämpfe und Entbehrungen in Russland verließen die tschechoslowakischen Legionen schließlich Wladiwostok. Doch ihre Leiden und großen Opfer waren nicht umsonst. Den Legionären und ihren militärischen Erfolgen ist es zu verdanken, dass die alliierten Mächte den Tschechoslowaken das Recht auf einen unabhängigen Staat zuerkannten.
Außer in Russland und Frankreich wurden auch in Italien tschechoslowakische Freiwilligeneinheiten gebildet, durch die 20.000 Patrioten zogen. Unter ihnen war auch Antonín Spal aus Lidice. Das Bild zeigt ein kleineres Komitee des tschechoslowakischen Freiwilligenkorps in Padula. In der Mitte sitzt sein Gründer, der Schütze Jan Čapek, der wie der Lidicer Antonín Spal dem 33. tschechoslowakischen Schützenregiment angehörte.
Antonín Spal (1898-1942), ein Metallurge aus Lidice, lief zu den Italienern an der Front über und schloss sich der tschechoslowakischen Legion an. Er wurde dem 33. tschechoslowakischen Gewehrregiment zugeteilt, mit dem er an den Schlachten von Santa Dona di Piave und Doss Alto teilnahm.
Er gehörte auch zu den 173 Männern aus Lidice, die am 10. Juni 1942 hingerichtet werden. Nur seine Frau Anna wird den Krieg überleben. Ihr 13-jähriger Sohn Miloslav wird in Chelmno zusammen mit 81 anderen Kindern aus Lidice ermordet.
Vor allem an der italienischen Front drohte den tschechoslowakischen Legionären im Falle ihrer Gefangennahme der Tod. Als angebliche Verräter (aus Sicht der Österreicher) wurden sie ohne Gnade hingerichtet. Das Bild zeigt ein Trio von Tschechoslowaken, die am 16. Juni 1918 in Piavone bei Oderzo gehängt wurden.
Am Sonntag, dem 28. Oktober 1918, wurde die Tschechoslowakische Republik gegründet. Die Ankunft des neuen Staatsoberhauptes, Präsident T. G. Masaryk, der am 21. Dezember 1918 in Prag eintraf, war für alle Bewohner der Hauptstadt ein außergewöhnliches Ereignis. Sein Wagen wurde auf seiner Fahrt durch die Straßen der Stadt von Legionären, Mitglieder der Organistation „Sokolen“ und Angehörigen der Heimatarmee begleitet.
Die umfangreichsten Kampfhandlungen der Jahre 1918-1919 fanden in der Slowakei statt. Daran nahmen natürlich auch Angehörige des 33. tschechoslowakischen Gewehrregiments der italienischen Legionen teil, darunter Antonín Spal aus Lidice.