Die erste historische Erwähnung von Lidice stammt aus dem Jahr 1309. Das älteste öffentliche Gebäude war die Pfarrkirche St. Martin (1352), die während der Hussitenkriege zerstört wurde, in der aber noch bis ins 16. Jahrhundert utraquistische Priester tätig waren.
Gesamtansicht von Lidice vor 1887
Anna Maria Franziska, Großherzogin der Toskana
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kirche ein zweites Mal zerstört. Die Großherzogin Anna Maria ließ in Lidice eine neue Barockkirche errichten. Die Kirche wurde später mehrfach umgebaut.
Lidicer Kirche mit dem Wappen von Anna Maria Franziska, Großherzogin der Toskana
Die erste Erwähnung einer Schule in Lidice stammt aus dem Jahr 1690, und zwar als Außenstelle der Schule in Buckova (Buštěhrad). 1713 besuchten 127 Kinder die Schule in Lidice. Im Jahr 1824 wurde ein neues einstöckiges Schulgebäude gebaut. Es hatte eine einfache Zentralheizung, was zu dieser Zeit sehr modern war. Wahrscheinlich war es die erste Schule dieser Art in Böhmen.
Mitglieder des Lidicer Lehrkörpers zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sowie das Protokoll vom 17. Mai 1888 über die Inbetriebnahme des Um- und Ausbaus des Schulgebäudes in Lidice
Mitglieder des Lidicer Lehrkörpers zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sowie das Protokoll vom 17. Mai 1888 über die Inbetriebnahme des Um- und Ausbaus des Schulgebäudes in Lidice
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Dank der Entwicklung von Industriebetrieben in Kladno (Steinkohlebergbau, 1855 wurde der erste Hochofen in Betrieb genommen) begann das Dorf in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu prosperieren, gleichzeitig begann aber auch ein hartes Leben für die Menschen, die im Bergbau arbeiten mussten.
Gesamtansicht der Nordseite von Lidice, kurz nach dem Ersten Weltkrieg aufgenommen..
Im Vergleich zu 1848, als das Dorf 270 Einwohner in 33 Häusern hatte, lebten in Lidice im Jahr 1890 schon 506 Einwohner in 50 Häusern.
Am schicksalshaften Tag des 9. Juni 1942 hatte das Dorf 102 Häuser und 493 Einwohner. Es gab vierzehn Bauernhöfe, eine Mühle, drei Lebensmittelgeschäfte, drei Gaststätten, zwei Metzger, einen Schmied und einen Frisör. Die Männer arbeiteten meist in den Eisenhütten und Kohlebergwerken im 7 km entfernten Kladno, während die Frauen den Haushalt führten und bei der Feldarbeit halfen.
Die junge freiwillige Feuerwehr aus Lidice
Im Dorf gab es den Leseverein „Vlast“ mit einer Bibliothek, eine Amateurtheatergruppe, eine Freiwillige Feuerwehr, sowie einen Hockey- und Fußballverein.
Das Leben der Einwohner von Lidice war während der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren hart, aber trotz der Kriegsereignisse blieb das Dorf bis zum 3. Juni 1942 im Allgemeinen friedlich und glücklich.
Im März 1939, nach der Besetzung des Sudetenlandes, errichtete Adolf Hitler das Protektorat Böhmen und Mähren. Im September 1941 traf Reinhard Heydrich, der amtierende Reichsprotektor, in Böhmen ein, um dort den Widerstand gegen die Nazis zu brechen. Kennzeichnend für ihn war die Grausamkeit und Brutalität, mit der er gegen den einheimischen Widerstand vorging.
Durch die Ausrufung des Ausnahmezustands legalisierte er die Verhaftung und Hinrichtung tschechischer Bürger. Der ausländische tschechoslowakische Widerstand in London, angeführt von Präsident Edvard Beneš, beschloss daher, Heydrich umzubringen.
Tschechoslowakische Geheimdienstler in London.
Jan Kubiš und Josef Gabčík
Am 27. Mai 1942 führten die tschechoslowakischen Fallschirmjäger Josef Gabcik und Jan Kubiš ein Attentat auf Reinhard Heydrich durch. An den Folgen seiner Verletzungen starb Heydrich am 4. Juni 1942. Auf der Suche nach den Attentätern führte ein Zufall die Gestapo nach Lidice.
In ganz Lidice werden Hausdurchsuchungen gemacht. Die gründlichsten bei der Familie Horák und bei der Familie Stříbrný, deren Söhne Offiziere in der tschechoslowakischen Armee waren. Unmittelbar nach der Besetzung gelang es ihnen, sich den tschechoslowakischen Truppen in Großbrittanien anzuschließen.
Tschechoslowakische Piloten vor einem Kampfflug
Josef Stříbrný a Josef Horák
Die irrtümliche Version der Gestapo-Ermittlungen lautete, dass die in Lidice geborenen Offiziere Horák und Stříbrný von England aus mit dem Auftrag geschickt wurden, das Attentat auf Heydrich auszuführen. In dem Dorf wurden jedoch keine Beweise für eine Zusammenarbeit der Einwohner mit den Attentätern gefunden. Auf Befehl Hitlers wurde Lidice dennoch als Racheakt wegen dem Tod Heydrichs niedergebrannt.
Am 10. Juni 1942 wurden 173 Männer im Garten des Horák-Hofes in Lidice erschossen. Weitere 19 Männer und 7 Frauen wurden zusätzlich am 16. Juni 1942 in Prag-Kobylisy erschossen.
Die ermordeten Lidicer Männer.
Konzentrationslager Ravensbrück
Die 203 Frauen aus Lidice wurden in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Die Kinder wurden ihren Müttern weggenommen und nach Polen gebracht.
82 Kinder aus Lidice kamen in Gaswagen im Vernichtungslager Chelmno ums Leben. Sechs weitere Kinder starben an den Folgen der unmenschlichen Behandlung.
340 Einwohner von Lidice überlebten den Überfall der Nazis nicht. Das ganze Dorf wurde niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht.
Für die Zerstörung der Kirche wurden große Mengen an Sprengstoff verwendet.
Der Ort, an dem die Fallschirmjäger bis zuletzt kömpften.
Einige Tage später, am 18. Juni 1942, wurden Gabčík und Kubiš in der Krypta der orthodoxen Kirche in der Resslova-Straße in Prag zusammen mit fünf weiteren tschechoslowakischen Fallschirmjägern entdeckt. Nach einem erbitterten Kampf gegen die gewaltige Übermacht der Nazis töteten sich die Fallschirmjäger mit der letzten Kugel selbst.
Die von den Nazis gesendete Botschaft an die ganze Welt über ihre brutale Tat in Lidice sollte als Warnung und Einschüchterung dienen. Stattdessen wurde Lidice zu einem Mahnmal für die Welt, das die Nationen im Kampf gegen die Nazis vereinte.
Ein Blick auf die Häuser von Lidice
Am 12. Juli 1942 wurde die Stadt Stern Park Gardens, Illinois, in Lidice umbenannt. Bald folgten andere Städte aus aller Welt ihrem Beispiel.
Am 30. August 1942 fügte das Dorf San Jerónimo-Lídice, heute Teil der Hauptstadt von Mexico, seinem ursprünglichen Namen den Namen Lidice hinzu.
Im Sommer 1942 wurde in Callao, Peru, ein Denkmal für Lidice eingeweiht.
Die Reaktion auf das Verbrechen von Lidice in Lateinamerika war außergewöhnlich. Städte, Straßen, Plätze und Parks wurden nach Lidice benannt. Eltern gaben ihren Töchtern den Vornamen Lidice.
Auch Künstler reagierten bald auf die Ereignisse in Lidice. Eine Reihe von Filmen wurde über die Tragödie von Lidice gedreht und Dichter, Schriftsteller, Künstler und Musiker verarbeiteten das Thema in ihren Werken.
Die Tragödie von Lidice löste große Reaktionen bei den Angehörigen der ausländischen Einheiten der tschechoslowakischen Armee und der amerikanischen Armee. Am 13. Juni 1942 erklärte der amerikanische Marineminister William F. Knox: „Wenn künftige Generationen uns fragen, warum wir diesen Krieg geführt haben, werden wir ihnen von Lidice erzählen.“
Kurz nach der Tragödie wurde das brasilianische Dorf Villa Parada in Lidice umbenannt.
Seit dem Zweiten Weltkrieg steht auch in Montevideo, Uruguay, eine Gedenkstätte für das mittelböhmische Lidice.
In Großbritannien wurde am 6. September 1942 auf Initiative von Bergarbeitern aus Staffordshire die Bewegung „Lidice Shall Live“ gegründet. Die nach dem Krieg in ganz Großbritannien gesammelten Gelder wurden für den Bau des neuen Lidice gespendet.
Lidice lebte in den Köpfen der Menschen in der ganzen Welt weiter. Der Wiederaufbau des Dorfes wurde nach Kriegsende von der tschechoslowakischen Regierung in einer öffentlichen Erklärung bei einer Friedenskundgebung in Lidice am 10. Juni 1945 beschlossen, an der auch die Frauen von Lidice teilnahmen, die durch ihr Schicksal schwer gezeichnet wurden. Nach Kriegsende kehrten 143 Frauen aus Lidice in ihre Heimat zurück, nur 17 Kinder wurden nach zweijähriger Suche wieder mit ihren Müttern vereint.
Lidicer Frauen vor dem Tribunal im Jahr 1945
Architektonischer Blick auf Lidic
Im Sommer 1947 wurde 300 Meter vom ursprünglichen Dorf entfernt der Grundstein für das neue Lidice gelegt. Der Bau der ersten Häuser von Lidice begann im Mai 1948. Nach und nach entstand durch den großen Einsatz von Freiwilligen aus dem In- und Ausland ein modernes Dorf mit 150 Häusern.
Gleichzeitig wurden die Gebäude des heutigen Gemeindeamtes, des Postamtes, des Gemeindezentrums und des Einkaufszentrums gebaut. Zur selben Zeit entstand auch die Gedenkstätte mit dem Gemeinschaftsgrab der Männer von Lidice und ein Museum. Zwischen der Gedenkstätte und dem neuen Dorf wurde am 19. Juni 1955 der Rosengarten des Friedens und der Freundschaft eingeweiht, wo Tausende von Rosenstöcken aus verschiedenen Teilen der Welt gepflanzt wurden.
Der Rosengarten für Frieden und Freundschaft
Das ungeheuerlichen Ziel der Besatzer war, Lidice nach Jahrhunderten seines Bestehens spurlos verschwinden zu lassen. Stattdessen ist es unauslöschlich in die Weltgeschichte als Symbol des Naziterrors und des Unrechts eingegangen, steht aber auch für unermesslichen Heldentum und den Wunsch nach einem freien Leben.